Das zweite Jahr Engagement Global

Die Sicht von Zivilgesellschaft und Kommunen

Sabine Drees vom Deutschen Städtetag und Heike Spielmans von VENRO (Verband entwicklungspolitischer Nicht Regierungsorganisationen) ziehen eine erste Bilanz der Zusammenarbeit.

Zwei Jahre Engagement Global – welche Erwartungen haben sich erfüllt?

Heike SpielmansHeike Spielmans: Wir begrüßen insbesondere die Zusammenführung der unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Förderprogramme in einer Stelle. Die Programme waren vor der Gründung auf verschiedene Institutionen verteilt, was es gerade für Antragsneulinge schwer gemacht hat, das richtige Angebot zu finden. Darüber hinaus sehen wir ein großes Potenzial in der Vereinfachung und Vereinheitlichung der Antragsbedingungen über die verschiedenen Förderprogramme hinweg. Dies ist durch die Zusammenführung in Engagement Global natürlich viel leichter geworden.

Sabine DreesSabine Drees: Engagement Global hat sehr erfolgreich dazu beigetragen, die Entwicklungszusammenarbeit in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken, das ist auch auf der Ebene, die uns besonders am Herzen liegt, der kommunalen Ebene, zu beobachten. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) hat zahlreiche Projekte aufgelegt und Kommunen einbezogen. Besonders positiv bewerten wir, dass Kommunen nun die Möglichkeit haben, für eigene Vorhaben Fördermittel zu beantragen. Das neue Finanzierungsinstrument „Nachhaltige kommunale Partnerschaften“ basiert auf einer Initiative des Deutschen Städtetages gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen. Aufgrund unserer föderalen Struktur ist eine Regelfinanzierung des Bundes für die Kommunen nicht möglich, so wurde zunächst ein Instrument mit zeitlicher Begrenzung vorgeschlagen. Nun ist es wichtig, dieses Angebot, das von unseren Mitgliedsstädten sehr gut angenommen wird, fortzuführen.

Neben der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit und Qualifizierungen bietet Engagement Global vor allem Beratung: sowohl niedrigschwellig durch die Mitmachzentrale als auch sehr intensiv, beispielsweise durch bengo. Bengo berät fachlich zu Fördermöglichkeiten durch das BMZ und durch die EU. Wie wird aus Ihrer Sicht dieser Service wahrgenommen?

Heike Spielmans: Dass die Kolleginnen und Kollegen bei bengo eine sehr gute Beratungsarbeit leisten, bestätigen uns unsere Mitglieder immer wieder. Die VENRO AG Kofinanzierung steht mit bengo in engem Austausch, um die Abläufe auf Basis der praktischen Erfahrungen noch zu verbessern. Der Austausch findet immer auf Augenhöhe statt und ist von gegenseitiger Anerkennung geprägt. Das begrüßen wir. Gerade die EU-Beratung bietet darüber hinaus einen Mehrwert, den es in vielen anderen europäischen Ländern so nicht gibt. Die Beratung zu Fördermöglichkeiten ist aus unserer Sicht eine zentrale Aufgabe von Engagement Global, die weiter ausgebaut werden sollte.

Sabine Drees: Wir begrüßen, dass zum Beispiel die Beratungsangebote von bengo nun auch Kommunen offenstehen, schließlich ist der EU-Förderdschungel nicht sehr gut zu durchschauen. Auch die Beratungsangebote der SKEW werden sehr geschätzt. Wir setzen aber auf Beratung in beide Richtungen.

Sie sind auch Vorsitzende des Kuratoriums von Engagement Global. Was waren aus Ihrer Sicht die entscheidenden Weichenstellungen in der Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung?

Heike Spielmans: Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Länder und der Kommunen beraten das BMZ als Gesellschafter und die Geschäftsführung bezüglich programmübergreifender Fragestellungen. Wir Mitglieder des Kuratoriums schätzen die mit diesem Gremium geschaffene Möglichkeit, unsere Anregungen und Vorschläge, auch unsere Bedenken auf diese Weise einbringen zu können. So diskutieren wir zum Beispiel aktuell ein Konzept zu Qualifizierungsangeboten, bei dem das Verständnis von Subsidiarität eine entscheidende Rolle spielt. Konkret geht es darum, welche Fortbildungen Engagement Global selbst Sabine Drees Referentin für Auslandsangelegenheiten beim Deutschen Städtetag Stellvertretung Vorsitz Kuratorium durchführt und welche von Organisationen der Zivilgesellschaft mit finanzieller Unterstützung durch Engagement Global umgesetzt werden. Engagement Global sollte bei bestehenden Strukturen ansetzen, diese fördern, statt sie zu doppeln. Ich denke, wir konnten in der gemeinsamen Diskussion verständlich machen, warum ein subsidiäres Förderprogramm wichtig ist.

Welche zentralen Herausforderungen sehen Sie für Engagement Global in den kommenden Jahren?

Heike Spielmans: Eine der zentralen Herausforderungen für alle entwicklungspolitischen Akteure ist das Voranbringen der notwendigen globalen Transformation und die damit verbundene neue Ausrichtung der eigenen Arbeit. Damit meine ich, dass wir nicht nur die Zivilgesellschaft in anderen Ländern unterstützen, sondern auch unsere eigene Gesellschaft ändern müssen. Hier hat Engagement Global eine wichtige Aufgabe in der Förderung zivilgesellschaftlicher und kommunaler Projekte. Außerdem wird sicher immer wieder eine Herausforderung in der konkreten Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips liegen.

Sabine Drees: Eine zentrale Herausforderung besteht darin, sich mit anderen Akteuren in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) synergetisch zu vernetzen. Dienstleistungen, Programme und Projekte sollten mit Angeboten anderer Stakeholder abgestimmt werden und sich ergänzen. Wünschenswert und nachhaltig ist, wenn Projekte auch in anderen Kontexten fortgeführt werden können. Engagement Global sollte beispielsweise auch über Folgeund Anschlussfinanzierungen eigener Projekte beraten und dabei auch andere Anbieter im Blick haben. Dabei sind Doppelstrukturen zu vermeiden. Alle Stakeholder sollten gemeinsam und systematisch zusammenarbeiten, um die EZ voranzubringen. Das gilt für die zivilgesellschaftliche EZ, für Bund und Länder und natürlich auch für die kommunale EZ. Engagement Global als öffentliches Unternehmen sollte sich in Zukunft – und das ist in einem öffentlichen Umfeld gar nicht so einfach – stets bemühen, ergebnis- und kundenorientiert zu agieren.

Welche Unterstützung kann das Kuratorium dazu leisten?

Heike Spielmans: Das Kuratorium ist so etwas wie ein Resonanzboden. Wir geben dem BMZ und Engagement Global Feedback und zeigen an, in welche Richtung eine Weiterentwicklung stattfinden sollte. Engagement Global ist als Service für die Zivilgesellschaft und die Kommunen sehr wertvoll. Deswegen beteiligen wir Kuratoriumsmitglieder uns mit unserer Kompetenz, unseren Ideen und großem Engagement an der Fortentwicklung.

Sabine Drees: Das Kuratorium ist ein wichtiges Beratungsgremium, das Engagement Global regelmäßig mit der Zivilgesellschaft, Bund und Ländern und Kommunen vernetzt. Das Kuratorium ist eine Art „Watchdog“ für Subsidiarität, und diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst. Darüber hinaus sollten Kuratoriumsmitglieder auch eigene Ideen und Anregungen einbringen können, gerade neue Organisationen sollten nicht nur von innen weiterentwickelt werden, sondern auch auf Anstöße von außen reagieren.